Friday, April 07, 2006

Wir sind gekommen, um unsere Kämme zurückzufordern!


Was soll ich sagen? Ich war mal einer derjenigen, die von sich behaupteten, der größte Cure-Fan der Welt zu sein. Während ich mit dem ganzen "sich nachts auf Friedhöfen rumteiben und unheimich gotisch sein" rein gar nix anfangen konnte und mir die Fraggle-Szene bis auf die schwarzen Klamotten eigentlich auch immer ein wenig suspekt war, finde ich das ein oder andere Cure-Album heute immer noch hörenswert.


Für eines werde ich den Jungs um Fat Bob Smith aber ewig dankbar sein: Über sie bin ich vor einundzwanzig Jahren auf meine uneinholbar für immer auf Platz eins liegende Lieblingsband gestoßen: And also the Trees (Foto links)

Wenn Ihr die Trees schon kennt, dann wißt Ihr, was ich meine. Wenn Ihr sie nicht kennt, dann wird es höchste Eisenbahn. Die Briten formierten sich 1980, veröffentlichten 1983 ihr erstes Album (produziert von Lol Tolhurst, was ihnen jahrelange Vergleiche mit The Cure einbrockte) und brachten bis heute insgesamt acht weitere Studioalben heraus. Es gibt noch zwei Compilations (From Horizon to Horizon und 1980-2005), welche zum Anfixen für Neueinsteiger ganz interessant sind.

Was soll ich nun über die Trees sagen? Sie haben sich musikalisch stets weiterentwickelt, sind immer neue Wege gegangen und sich doch immer treu geblieben. Es beginnt mit den beiden ersten, leicht düsteren Scheiben And also the Trees und Virus Meadow. Von der Gruft zogen die Jungs dann um ins Herrenhaus, schlüpften in Gehrock, Weste und Plastron und veröffentlichten das tonnenschwere, romantische, hinreißende Meisterwerk The Millpond Years. Diesem folgte mit Farewell to the Shade der Höhepunkt der Romantik-Phase und zugleich die endgültige Befreiung der Band von allen Einflüssen und Vergleichen. Das fünfte Album, Green is the Sea, überrascht mit einem satten Piano, das sich fast als roter Faden durch das Werk zieht. Zudem weist die Platte mit Tremendous Risk for Mr. Ferdico und The Man who knew zum einen das atemberaubendste und zum anderen das schönste Instrumental-Stück der Band auf. The Klaxon, Album Numero sechs, findet die Trees während des Umzugs vom Landsitz in die neon-beleuchtete City. Die Songs werden spannungsgeladener und der Sound irgendwie "städtischer". The Flatlands, der letzte Track auf dem Album, ist so unvorstellbar schön, daß ich gar nicht erst versuchen werde, ihn zu beschreiben, sondern Euch nur auf Knien anflehe, ihn zu hören. Endgültig auf den regennassen Straßen der Großstadt angekommen sind die Trees auf Angelfish, das mit seinen leicht jazzigen Anklängen und einem von Bassist Steven Borrows gesungenen Stück neue Wege einschlägt. Auf Silver Soul, dem achten Album, gibt es eine große Vielfalt an Stilen, die sich durch das mittlerweile traumwandlerisch sichere Zusammenspiel der Band zu einem großartig gemischten Ganzen fügen. Nach diesem Album war plötzlich für mehr als vier Jahre Sendepause und ich begann schon, mir in die Hosen zu machen, als ich dann irgendwann im Internet las, daß ein neuen Trees-Album in Arbeit sei. Further from the Truth ist nichts für Amateure. Wenn Ihr die Trees nicht kennt, dann erst mal Finger weg. Die Songs auf dieser Platte erschließen sich wegen der sparsamen Instrumentierung und dem insgesamt sehr subtilen Auftreten erst nach einer Weile. Aber wenn man dann die Stücke Detail für Detail erkennt und auch zwischen den Zeilen liest (bzw. zwischen den Tönen hört), dann tut sich eine ganze Welt auf und man weiß: Die Trees sind wieder da!

Was für alle Platten gilt ist, daß die Texte von Simon Huw Jones einen ganz großen Teil des Reizes dieser Band ausmachen. Jones' Spezialität sind die fiktiven Protagonisten. Er holt immer wieder neue Charaktere aus dem Zylinder und läßt uns für die Dauer eines Liedes an ihren Alltäglichkeiten, ihren Triumphen, ihren Niederlagen, ihren Sehnsüchten und ihren Freuden teilnehmen. Ganz stark.

Ich weiß, ich habe jetzt nicht besonders viel zur Musik gesagt. Aber überlegt Euch Folgendes: And also the Trees existieren mittlerweile seit einem Vierteljahrhundert. Kein Schwein kennt sie. Und sie produzieren trotzdem immer weiter Alben. Diese Kerle leben für Ihre Musik. Und das hört man in jeder Note.

Ich kann Euch nicht versprechen, daß Ihr die Trees lieben werdet. Aber wenn Ihr nach Musik sucht, die Ihr vorher so noch nicht gehört habt, weil in den Charts einfach kein Platz für soviel Eigenständigkeit ist, dann könnt Ihr an diesem Quartett nicht vorbei. Wie gesagt: Für Einsteiger sind die Compilations interessant. Wer mutig ist und gleich zu einem amtlichen Album greifen will, der sollte sich entweder Green is the Sea oder The Klaxon oder Angelfish (die zugänglichsten Scheiben) besorgen. Wer direkt einen Happen aus der Feinschmecker-Ecke haben möchte, der braucht The Millpond Years.

Also: Vergesst ganz schnell alle Alben, die ich bisher in diesem Blog gelobt habe. Die einzig legitime moderne Musik kommt von And also the Trees! Viel Spaß beim Hören!

Alles Liebe
Alipius

1 comment:

Anonymous said...

god bless the trees!
DVD & neus album!
hallelujah!