Monday, June 19, 2006

Eine schöne Geschichte, die traurig macht

Alec Guinness drehte 1954 in Frankreich den "Pater Brown"-Film. Eines Tages ging er nach Einbruch der Dämmerung, gleich nach dem Dreh, in einem Städtchen spazieren und trug währenddessen immer noch die Soutane. Da kam ein kleiner Junge, den er vorher nie gesehen hatte, nahm ihn schweigend bei der Hand und ging mit ihm, bis er - der Knirps - sein Ziel erreicht hatte und in ein Haus lief. Dies war nicht DER Grund, aber einer der Gründe, warum Guinness zwei Jahre später mit siner Frau zum Katholizismus konvertierte. Guinness sagte, daß ihm diese Momente die Augen dafür geöffnet hatten, daß der katholische Glaube etwas Dauerhaftes und Heiliges sei.

Was mich an den Mißbrauchs-Skandalen in der Kirche am meisten anwidert (abgesehen davon, daß das schamlose Ausnutzen des Vertrauens eines Minderjährigen ausgerechnet durch einen Priester in der Tat nach Schwefel stinkt), ist die Tatsache, daß aufgrund dieser Geschichten die Lütten heutzutage, sollte ein Priester ihnen die Hand hinhalten, eher "Flossen weg, Pervo!" rufen, als daß sie vertrauensvoll zugreifen. Dies allerdings nicht, weil eine empirische Erhebung zu solcherlei Vorsicht rät (sonst dürften die Kinder sich auch nicht von Lehrern, Ärzten oder Mami's neuem Freund anfassen lassen), sondern weil bei allem Skandalgebrüll - verständlicherweise - die gute Seite zugekleistert wird. Da wird's wohl noch jede Menge Arbeit geben. Ich hoffe, daß es eines Tages dahin kommt, daß die Krankheit sowohl aus den Taten der Priester als auch aus der Phantasie der Menschen getilgt wird. Wichtigster und schwierigster Schritt in diese Richtung: Die Priester müssen - ungeachtet dessen, was die Welt ihnen zuruft - tatsächlich wieder heiligmäßig werden, müssen sich sekündlich vor Augen rufen, wem sie dienen, warum sie es tun und was sie Ihm schulden. Und wenn das nicht funktioniert und es zu verabscheuungswürdigen Taten kommt, dann müssen die halt Bischöfe auch mal dreinschlagen, daß es raucht. Lieber noch weniger Priester, als Kinderschänder.

Erst, wenn man einer Versuchung regelmäßig widersteht, wenn man das Widerstehen zur Gewohnheit macht, dann merkt man, daß die Versuchung nachläßt. Abtötung des Fleisches mag heutzutage nach übertriebener Selbstgeißelung und Mittelalter klingen. Wenn andererseits aber Selbstverwirklichung und 21stes Jahrhundert zerstörte Kinderseelen zurücklassen, dann sollte es doch wenigstens für einen Priester keine Frage sein, welchen Weg er geht.

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