Monday, December 04, 2006

Spieglein, Spieglein in der Hand...

... wer ist der Berechenbarste im ganzen Land?

Daß der Spiegel ein etwas gestörtes Verhältnis zur Heiligen Mutter Kirche pflegt ist mir in den rund zwanzig Jahren, in denen ich immer wieder mal ein Exemplar zur Hand nehme, natürlich nicht verborgen geblieben. Jetzt hatte ich heute in Rom ein wenig Zeit totzuschlagen und sah beim Vorbeigehen in einem Kiosk die neue Ausgabe liegen.

"Och!" dacht ich mir. "Lang ist's her, warum riskiere ich nicht mal einen Blick?" Gedacht, getan.

Ich wurde sogar mit einem Kirchen-Artikel belohnt. Und zwar ist momentan im Erzbistum Köln das Gejammer groß, weil dort "der verdeckt operierende Geheimbund" Opus Dei grade mächtig Einfluß scheffelt. Der neue Leiter der "Stabsabteilung Presse- und Öffentlickeitsarbeit" ist nämlich ein Supernumerarier des Opus Dei. Man mag nun zu Opus Dei stehen, wie man will (die Dan-Brown-Vision eines berobten Cowboyclubs mit Weltherrschaftsanspruch vielleicht mal ausgenommen). Sicher löst die strenge Regelung des Lebens der Mitglieder in der Öffentlichkeit Verwunderung aus. Klar auch, daß die transportierten Inhalte (Keuschheit, Dienen, Selbstaufopferung, vollkommene Hingabe an Christus etc.) in der heutigen Zeit für die Meisten wie ein schlechter Scherz klingt.

Für mich ist das Interessanteste am Spiegel-Artikel der Stil. Da ist in nur dreißig Zeilen zweimal von "erzkonservativ" und einmal von "extrem konservativ" die Rede. Und damit es ganz bestimmt auch die Leute verstehen, die statt zur BILD aus Versehen zum Spiegel gegriffen haben, gibt es dann noch ein Nunsploitation-mäßiges Photo mit Bußgürtel und Geißel. Konservativ und liberal sind (auch losgelöst vom Opus Dei) im gesamten Artikel die Begriffe, um die sich alles dreht. Und der Ton verrät, wo's langgeht: Konservative Kirche gleich besorgniserregend, weil zu katholisch (man stelle sich vor, die Leute gingen eines Tages tatsächlich wieder zur Fronleichnamsprozession anstatt zum CSD). Liberale Kirche gleich gut, weil nett und zu allem "ja" sagend und unsere momentane verkorkste Auffassung von Moral nicht weiter störend (Erster Preis für hirnfreies Werbeschalten: Auf Seite 7 wirbt die neue Ausgabe für den Renault Grand Scénic. Slogan: "Weil Familie über alles geht").

Schön, daß auf manche Dinge eisenhart Verlaß ist.

1 comment:

dilettantus in interrete said...

Nunc vidimus per speculum in aenigmate!

Wie der Hl.Paulus in einer Presseschau so nett sagte