Wednesday, April 09, 2008

Hab' ich mir zu Ostern geschenkt

Mainstream war das dritte Album, daß Lloyd Cole and the Commotions aufnamhen. Es war auch der letzte Longplayer, den der Meister mit seiner Band aufnahm, bevor er Solo-Pfade einschlug. Das Debut-Album der Commotions ist wahrscheinlich das bei Kritikern Beliebtere. Ich stelle hier trotzdem das 87'er-Werk Mainstream vor, weil es stellenweise Populärmusik in Perfektion bietet.

Der Opener My Bag klingt zuerst so gar nicht nach Lloyd Cole. Der Gesang kommt beinahe rappig daher, die Gitarren in der Strophe werden durch ein langes Attack in den Song förmlich hineingesaugt, während im Hintergrund eine semi-funkige Basslinie mit monotonem "Bumm-Klatsch"-Schlagzeug den Rhytmus liefert. Im Chorus wird's etwas poppiger und es tauchen schubiduende Background-Vocals auf. Der zweite Track From the Hip startet als sanfter Pop mit sphärischen Keyboards und knappem Saitengezupfe, bevor er einen schönen Mitsing-Chorus mündet. 29 läßt zum ersten Mal so richtig aufhorchen. Zur Lap-Steel-Guitar und rhytmischen Keyboardeffekten grübelt Lloyd über das Älterwerden nach. Der Refrain ist klassischer Slow-Rock mit Piano und allem, aber sehr fein umgesetzt und mit hohem Wiedererkennungswert. Besonders stark ist auf diesem Song das kurze Gitarrensolo, welches ein zarter Dialog zwischen Akkustik und Steel ist. Der Titelsong Mainstream ist ebenfalls ein ruhiges Stück mit Bongos, Akkustikklampfe, Harmonika-Keyboards und pulvertrockenem Anti-Yuppie-Humor a la "Fifteen years a big shot in a one-horse-town, riding the elevator shafts with your hip flask and your sun-bed tan". Am Ende wird der Song leicht aufgedreht und kurz episch ausgewalzt. Mit Jennifer she said folgt dann ein im Grunde perfekter Popsong, der von der ersten kurzen Gitarren-Strophe über den Mitsing- und Mitswing-Chorus bis zum sich für immer und ewig in die Gehörgänge grabenden "Bap-badah-dadadah" am Ende einer gnadenlos unspektakulären Pop-Logik folgt und trotzdem nicht nur groß ist, sondern uns auch einen der Gründe dafür liefert, warum einige unserer besten und lebenslangen Freunde drei Minuten lang sind. Track Nummer sechs, Mister Malcontent, startet mit wunderbarem, arpeggio-artigem Keyboard-Geblubber und Rockorgel, weitet sich dann mit umpfigem Bass und stampfenden Drums zu einem schicken Ohrwurm und endet in einer fetten, fast zweiminütigen Gitarrenschlacht, die irgendwie an Simple Minds während ihrer "Zwischen Indie-Rock und Stadium-Pop"-Phase erinnert. Dann wird's noch eine Nummer größer: Der Sean Penn Blues bringt neben brüllend komischen Lyrics ("Mr. Madonna kicks some beat poetry" oder "Fat hacks New York Times food columnists want to review my soup") ultraflotten Gitarrenpop mit einer astreinen Hookline in der Bridge und einer Harmonika, die den Chorus - besonders im Instrumental-Outro - von "nicht übel" gleich mal auf "Hall of Fame" liftet. Superhit! Auf Big Snake wird dann zwei Gänge zurückgeschaltet. Zu einer herrlich abgemumpften Trompete, klasse abgemischten Gitarren, xylophonesquen Keyboards und spärlichen Drums wird eine richtig starke Atmosphäre aufgebaut. Warmer Sommerregen, Hafenbeleuchtung, Schatten von Handelsschiffen, Rauch und Parfüm werden nicht nur besungen, sondern beinahe zum Leben erweckt. Hey Rusty, der vorletzte Track, zeigt uns Lloyd Cole noch einmal von seiner britpopigsten Seite. Der glasklar und kantenlos produzierte Song baut sich in den Strophen gut auf und nimmt den Hörer dann im Refrain mit einer unschuldigen Harmoniefolge und schönem Perkussionsgerumpel im Hintergrund für sich ein. These Days ist eine Art Gutenachtlied, was ja beim letzten Stück einer Platte kein Nachteil sein muß. In ihre Einzelteile zerlegte Zupf-Akkorde, eine schöne Synthie-Melodie und ruhige Vocals laden zum sanften Schlummer ein.

Lloyd Cole and the Commotions, Mainstream = 80er-Pop vom Allerallerfeinsten!

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