Friday, January 09, 2009

Liebe

Gestern las ich in einer Online-Klatschspalte (Ja, mach' ich manchmal auch. Man muß ja auf dem Laufenden bleiben). Da gab es unter anderem einen kurzen Beitrag über nervige Promis, die gefälligst abtreten oder wenigstens ein Jahr Pause machen sollen. Das allein war natürlich schon genug, um mich wieder einmal an der modernen Medienwelt und ihren Automatismen verzweifeln zu lassen. Es kam dann aber noch besser: Irgendeinem Sternchen, welches ich vorher nicht kannte und deren Name ich daher auch schon wieder vergessen habe, wurde geraten, sich doch bitte von ihrem Mann zu trennen, der sei irgendwie nur totes Gewicht und so uncool. Muß man eigentlich nicht groß kommentieren, weswegen ich auch gleich zur Sache komme.

Gott und der Nächte und ich und die Liebe...

Was spielt sich in diesem Spannungsfeld ab? Wen darf ich aus welchen Gründen wie heftig und auf welche Art lieben? Gott zuerst und vor allem anderen? Klar. Doch was tue ich, wenn ich Gott liebe? Ich liebe das Ganze und ich liebe die Liebe, denn Christus ist die Liebe und Gott ist das Ganze, denn ohne ihn ist nichts.

Wenn ich aber das Ganze liebe, dann liebe ich auch die Teile. Und ein Teil davon bin ich. Also darf ich auch mich lieben. Muß ich sogar, denn das Heil meiner Seele muß für mich wichtiger sein, als das Heil andere Seeleln. Mir ist es zum Beispiel nicht gestattet, einen Menschen zu töten, weil ich weiß, daß jemand anders das eigentlich tun will und ich ihn davon abhalten möchte, sich auf diese Art schuldig zu machen.

Was das leibliche Wohl betrifft darf und muß man dagegen schon mal Abstriche machen. Ich kann nicht einen ganzen Truthahn alleine verdrücken, während vor meinem Fenster ein Bettler verhungert. Ich geb dann etwas ab. Vielleicht den halben Truthahn, oder auch den ganzen, wenn der Bettler gleich noch Kumpels mitgebracht hat. Ich werde die Nacht überleben.

Ist das auch Liebe? Ja, ist es. Es ist die Liebe, die den einen großen Trick beherrscht: Achte auf die Wahrheit, die Realität des Anderen. Hier steht an erster Stelle auch gleich die simpelste Wahrheit: Der Andere ist von Gott ebenso geliebt, wie ich. Der Andere ist auch Teil des Ganzen, welches es mir erlaubt, mich zu lieben. Über diesen kleinen Kniff funktioniert die Liebe richtig. Alle anderen Wege führen in die Irre.

Gebe ich einem Bettler etwas, weil Leute mich dabei beobachten und meine Großzügigkeit sehen bzw. mich nicht beim Knausern erwischen sollen, so ist das für den Bettler okay, bringt mich aber nicht weiter. Und ebenso läuft es auch in den Zweierkisten.

Heirate ich, weil ich den knackigen Po meines Schatzis mag und weil ich das, was zwischen uns ist, ebenso schätze wie unsere gemeinsamen Interessen und Aktivitäten, so steht die Verbindung nur kurzfristig unter einem guten Stern. Das, was zwischen Menschen ist, ändert sich ebenso wie ein knuspriges Hinterteil. Nur Gott ist es, der bleibt, wie er ist. Eine Ehe kann daher bedeutend einfacher und besser halten, wenn man als gemeinsames Ziel das größte Ziel wählt: Das eigene Seelenheil und das des Anderen im Hinblick auf Gott, unseren Schöpfer, der in uns beide hineinschaut und der uns beide liebt. Nicht nur das: Diese Einstellung schützt uns auch vor Fehltritten. Wenn ich eine neue Sekretärin bekomme, die bedeutend heißer ist, als das, was daheim auf mich wartet, dann wende ich den Trick an: Ich achte auf ihre Realität, ihre Wahrheit. Sie ist ein junges, hübsches Ding, welches einen fürsorglichen jungen, unverheirateten Mann braucht, keinen älteren Stelzer, mit dem sie vielleicht mal etwas wagt, weil er erfahrener ist und vielleicht sogar Geld hat. Zudem - die andere Realität der anderen Frau - wartet ja daheim jemand auf mich, der mir seit Jahren mehr gegeben hat, als eine kurzfristig erhöhte Herzfrequenz beim Anblick eines flotten Fahrgestells. Das will ich behalten, das will ich weiterhin haben, denn mit dieser Frau habe ich meinen Weg begonnen und gemeinsam haben wir uns vorgearbeitet. Jetzt loslassen bedeutet, daß Beide, sie und ich, eine Stütze, vielleicht gar einen Wegweiser verlieren.

Menno, aber die Sekretärin ist so süß! Und ich habe das Gefühl, als schiele sie auch manchmal ganz verzückt zu mir rüber, wenn ich aus meinem Chefzimmer rauskomme! Was mach ich'n jetzt? Naja, Versuchungen sind in der Regel dazu da, daß man wächst, indem man ihnen widersteht. Das bedeutet nicht, daß man im konkreten Fall die Gefühle abmurksen muß. Man verwandelt einfach den unpurifizierten Trieb in die Liebe zum Nächsten, zum Geschöpf. Komplimente, wenn zielführend, sind durchaus erlaubt. Absichtslos sollten sie sein, es sei denn, die Absicht ist, den Empfänger ein wenig aufzubauen und ihm Kraft zu geben auf der hoffnungsvollen Suche nach einem Partner, der paßt. Auch hier kann man durch freundliche Gespräche ein wenig Hilfe leisten. Und unter Umständen Großes ererichen. Was ist - auf lange Sicht - schöner? Der Seitensprung und alle daraus folgenden Probleme oder das Glück des Anderen?

"Sie soll sich von ihrem Mann trennen, weil er uncool ist": Wer so etwas schreibt und auch nur ansatzweise vermutet, einen legitimen Ratschlag zu geben, der braucht viel Hilfe. Aber auch in diesem Fall kann die Liebe zum Nächsten Wunder wirken...

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