Tuesday, September 15, 2009

Um zur aktuellen Diskussion...

... ohne viel Aufwand Stellung nehmen zu können (Elsa, David, Florian und Andere haben schon gepostet), kopier ich hier einfach mal fix einen etwas älteren (21. Mai) Text rein:
    Babycaust

    Dieser vom Bundesgerichtshof und Oberlandesgericht in Karlsruhe als legitime Meinungsäußerung gewertete Begriff wird von Lebensschützern gerne als extra-schweres Geschütz aufgefahren. Auch Kirchenmänner vergleichen hin und wieder mal Abtreibungen mit NS-Massenmorden.

    Kann man unterstützen, muß man aber nicht.

    Ich find's ziemlich ungeschickt.

    Aus folgenden Gründen:

    An erster Stelle im Diskurs steht die Frage nach Gott und nach der menschlichen Natur. Für Mitglieder von Glaubensgemeinschaften, deren Lehre nicht den Schutz des Lebens umfaßt, für Konfessionslose oder für Atheisten gibt es Spielraum. Aber ein Katholik z.B. hat immer die Pflicht, sich für das ungeborene Leben einzusetzen. Ein ungeborenes Leben ist zu schützen. Punkt. Wer auf anderen Schauplätzen nach schrillen Parallelen sucht, der läuft Gefahr, das eigentliche Thema für sich und andere zu verwässern, denn es werden sofort Rechenbeispiele bemüht, die man auch so auffassen könnte, daß Abtreibung erst ab einer bestimmten Zahl so richtig falsch wird.

    Wer Abtreibungen mit NS-Massenmorden vergleicht, der tut den Frauen unrecht, denen die Entscheidung zur Abtreibung schwer fällt, auch wenn sie sich letztlich dann doch dafür entscheien. Sicher, es ist die falsche Entscheidung. Aber was haben diese Frauen mit den kaltblütigen, verblendeten, ja wahnsinningen Schlächtern zu tun, die unter anderem mit Konzepten wie "lebensunwertes Leben" operierten?

    Wer Abtreibungen mit NS-Massenmorden vergleicht, der gibt den Abtreibungsbefürwortern eine willkommene Gelegenheit, sich in hysterischen Anfällen zu ergehen und somit vom Thema abzulenken. Da wird dann im Blätterwald ein Bischof in die rechtsextreme Ecke geschoben, das Geschrei ist laut, und unter dem Klangteppich aus Anfeindungen, Beschuldigungen, Entschuldigungen, Protesten, Beschwichtigungen wird weiter munter abgetrieben.

    Wer Abtreibungen mit NS-Massenmorden vergleicht, der wird dem Drama eines im Mutterleib getöteten Kindes nicht gerecht, denn er impliziert, daß man einen Horror wie den Holocaust heranziehen muß, um Abtreibungen verständlich zu machen. Es mag Leute geben, für die Abtreibungen nicht das geringste Problem darstellen. Dort liegt die Versuchung nahe, ihnen gegenüber durch einen Holocaust-Vergleich das Konzept ein wenig anzureichern. Das ist aber eine Verwurschtelung der Kategorien. Wir wollen als Katholiken nicht darauf hinweisen, daß die Tötung von Millionen ungeborener Kinder so schlimm ist wie die Tötung von Millionen Juden. Wir wollen darauf hinweisen, daß das Töten eines einzigen und jedes einzelnen ungeborenen Kindes zum Himmel schreit.

    Wer Abtreibungen mit NS-Massenmorden vergleicht, der macht es sich zu einfach und anderen zu schwer, weil er oft den entscheidenden Punkt überspringt, an welchem die Frage nach dem Leben als solchem aus Katholischer Sicht gestellt werden muß. Nur, wenn wir lernen, das Leben grundsätzlich zu schätzen und unsere Mitmenschen entsprechend zu behandeln (Ermordung von Abtreibungsärzten? Ihr habt sie doch nicht mehr alle!); nur, wenn wir die Bibel kennen, den Katechismus, die katholische Morallehre, dann können wir als Katholiken, jeder für sich, in seinem Umfeld, in kleinen Schritten zur Besserung der Lage beitragen. Substanzloses, aggressives Geplärre gibt es da draußen genug und man kann selbst sehr schnell in den Chor mit einstimmen und danach glauben, seinen Teil getan zu haben. Nein. Katholik sein bedeutet, nicht nur öffentlich im Schutz der Menge seinen Glauben zu bezeugen, sondern auch privat, alleine, abseits der Kameras und der Mikrophone, still und entspannt, meinetwegen bei einer Tasse Tee, im Vier-Augen-Gespräch. Ja, vielleicht sogar am Arbeitsplatz, wo man plötzlich einer gegen zehn seinen Mann oder seine Frau stehen muß, wenn es um den Katholischen Glauben und die Katholische Lehre geht.

    Verteidigt das ungeborene Leben nicht verbiestert mit Klauen und Zähnen und brachialen Vergleichen. Seid sanft, aber zäh und laßt Euch anstecken vom Beispiel unseres Herrn, der - einer gegen so ziemlich alle - gezeigt hat, daß nicht die große Klappe und die Mitgliederzahl der Gang entscheidet, sondern der Gehorsam zum Vater und die Liebe zum Anderen.
Ist übrigens auch heute noch meine Meinung.

4 comments:

Anonymous said...

"Aber was haben diese Frauen mit den kaltblütigen, verblendeten, ja wahnsinningen Schlächtern zu tun, die unter anderem mit Konzepten wie "lebensunwertes Leben" operierten?"....ich diskutiere nicht gerne über dieses Thema, sprechen gerne, aber nicht diskutieren, weil ich selbst betroffen war und deswegen habe ich auch noch nichts dazu gesagt auf anderen Blogs, aber zu dem o.g. kann ich ganz persönlich (deswegen auch diesmal nicht meine Google-ID, sondern Anonym) etwas sagen. Ich bezweifel, dass es die Minorität an Abtreibungen ist, bei der das o.g. nicht zutrifft. Bei mir wurde in der 21. Woche eine medizinische Indikation festgestellt. Obwohl ich schon 2 Jahre verheiratet war, kam die Schwangerschaft total überraschend. Ich steckte mitten in einem wichtigen Projekt und war mehr unterwegs als zu Hause, ich war Juniormanagerin in einem Konzern und hatte ein entsprechendes Jahresgehalt, das höher war als das meines Mannes. Erst nach 2 Wochen kam ich damit klar, dass ich schwanger war. Ich bin katholisch aufgewachsen und eine Abtreibung wäre für mich theoretisch niemals in Frage gekommen. In der 21. Woche dann, stellte man bei unserem Kind eine medizinische Indikation fest, die uns, und das Ausmaß war da nicht bekannt, laut Pränataldiagnostiker in jedem Fall zur Abtreibung berechtigt hätte. Du glaubst nicht wie oft mir durch den Kopf ging, das ich dadurch mein altes Leben behalten können würde. Wieviele Gedanken und welche Gedanken einem in den Sinn kommen. Die einzige Entschuldigung ist vielleicht, das Schwangere Frauen (und ihre Männer) nicht mehr oder manche würden es anders sehen und sagen zu rational denken. Erst nach 24 Stunden hatten wir uns für das richtige entschieden und die Beweggründe, die uns hätten falsch entscheiden lassen können waren keine lobenswerteren als die oben genannten. Ich weiss, das Gottesgeist uns davor bewahrt hat, das wir zu Mördern werden und das Gottes Gnade uns daher mit einem wirklich tollen Kind (es ist mittlerweile 4x operiert und keiner der es nicht weiss, würde soetwas bei unserem Kind vermuten) belohnt hat und im Großen und Ganzen hat alles das was passiert ist aus 2 Individualisten eine Familie gemacht.

Der Herr Alipius said...

Das ist schön, dies zu hören! Ja, Gottes Gnade läßt sich mit Geld und Karriere nicht aufwiegen.

Dem von ihnen zitierten Satz geht ja übrigens dieser voraus: "Wer Abtreibungen mit NS-Massenmorden vergleicht, der tut den Frauen unrecht, denen die Entscheidung zur Abtreibung schwer fällt, auch wenn sie sich letztlich dann doch dafür entscheien. Sicher, es ist die falsche Entscheidung." Ich meine also schon die Frauen, die sich wirklich Gedanken machen und dann (vielleicht auch unter Druck) abtreiben. Falsch, klar, aber ich würde da wirklich nicht pauschal zu NS-Vergleichen greifen.

Stegi said...

Ich könnte mir hypothetisch durchaus vorstellen, dass ein sich unmittelbar vor der Abtreibung befindliches Kind sich angesichts einer sich bereits nähernden Nadel des "Arztes" über die These des absoluten "No-Go" unserer scheinheiligen und gleichgültigen Gesellschaft bezüglich drastischer Vergleiche mindestens genauso aufregt, wie der Zentralrat der Juden seinerzeit, als Mixa den hinreichend bekannten Vergleich brachte.
Mich (ver)stört es sehr wohl, dass die ganze [nicht nur deutsche] Welt sich bereits jahrzehntelang -völlig zurecht u. angebracht- über den Holocaust entsetzt, sich aber ob der jährlichen Tötung von Millionen unschuldiger Föten nicht sonderlich gesellschaftlich verroht vorkommt.
Äußerst befremdlich die natürlich diplomatisch begründete Taktik Benedikts XVI. beim Besuch Obamas: Dieser versprach, sich darum zu kümmern, dass in den USA zukünftig "ein bisserl weniger" Abtreibungen stattfinden sollten...

Jesus Christus brachte im Übrigen genau in diesem Kontext völlig zeitaktuell folgenden, für das Altertum krass drastischen Vergleich.
"Und wer ein solches Kind aufnimmt in meinem Namen, der nimmt mich auf"

"Wer einen von diesen Kleinen, die an mich glauben, zum Bösen verführt, für den wäre es besser, wenn er mit einem Mühlstein um den Hals im tiefen Meer versenkt würde."

Wie wäre er wohl mit Abtreibern umgesprungen?

Anonymous said...

ich hatte das schon so verstanden, aber ich glaube, dass es eben nicht viele sind, bei denen das der Fall ist. Ganz ehrlich, ich habe nicht an das Kind gedacht, sondern nur an mich, oder wir an uns.

Das einzige, was ich negativ an solchen Vergleichen finde, ist, muss man um auf etwas Negatives hinzuweisen etwas anderes Negatives wieder und wieder heranholen.