Saturday, December 05, 2009

Es ist mal wieder Schönborn-Zeit

Ich habe lang nichts mehr von meinen Lieblings-Barockfürsten geschrieben. Es ist also an der Zeit, mal wieder einen Schönborn ans Licht zu ziehen. Heute ist es Franz Georg von Schönborn (1682-1756), jüngster unter den vier bekannteren der Lothar-Franz-Neffen. Ihr seht ihn links auf dem leicht windschiefen Photo im Kurfürstenmantel. Franz Georg war ab 1729 Kurfürst und Erzbischof von Trier, ab 1732 Fürstbischof von Worms und Fürstpropst von Ellwangen und behielt alle drei Ämter bis zu seinem Tod inne. Er empfing bereits im Alter von 13 Jahren die Tonsur und stolperte dann munter die Karriereleiter empor: Domherr in Trier, Dompropst in Augsburg, kurmainzischer Gesandter beim Vatikan, kaiserlicher Kammerherr, Reichshofrat, kaiserlicher Geheimrat und letztlich dann Bischof. Gebaut hat Franz Georg auch, schließlich war er ein Schönborn. Heute noch zu sehen sind der Dikasterialbau in Ehrenbreitstein (was heute zu Koblenz gehört), die Laurentiuskirche in Dirmstein, auch als "Zweikirche" bekannt, weil Katholiken und Protestanten sie sich teilten - und zwar räumlich (mehr dazu bei Wiki und die Stadt Ellwangen, die unter Schönborn und seinem Vorgänger Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg zu einer barocken Residenzstadt ausgebaut wurde.

Von dem Gebäude, das ich hier vorstellen möchte, sieht man heute leider nichts mehr, bzw nur noch zwei mickrige Wirtschaftshäuschen, die bis zur Unkenntlichkeit renoviert und modernisiert wurden. Es handelt sich um das Schloß Schönbornslust (Was'n Name!), welches im Koblenzer Stadteil Kesselheim zwischen 1748 und 1752 errichtet wurde. Ihm war nur eine (für ein Schloß) extrem kurze Lebenszeit vergönnt, verschwand es doch zwischen 1794 und 1806 sukzessive von der Landkarte.

Hier ein Text über das Schloß, der im Jahre 1966 anläßlich der 1000-Jahr-Feier der Gemeinde Kesselheim verfaßt wurde (Quelle):
    Im äußersten Südwesten der Kesselheimer Gemarkung erheben sich, imponierend in ihrer Geschlossenheit und Wucht, die Klostergebäude von "Maria Trost". [Nicht mehr. Das Kloster wurde mittlerweile auch eingeebnet.]

    Viele unserer Mitbürger, die in den letzten Jahrzehnten zu uns gekommen sind, werden nicht wissen, daß an der gleichen Stelle vor 200 Jahren ein kurfürstliches Jagdschloß stand. Wer vermöchte auch zu ahnen, daß diese Stätte weltabgewandter Genügsamkeit, dieser Ort des Ernstes, der Zurückhaltung und Andacht einst strahlender Mittelpunkt höfischen Lebens war.

    Anno domini 1734. Kurfürst Franz Georg von Trier aus dem Hause der Grafen von Schönborn steht im 5. Jahr seiner Herrschaft, als er vom Grafen Metternich das in der Nähe von Coblenz gelegene Gut Marienfelder Hof mit ca. 200 Morgen Land erwirbt. Auf dem in der Kesselheimer Gemarkung gelegenen Teil der Ländereien entsteht bald ein Jagdschlößchen mit einer Fasanerie. Hier weilt der Kurfürst mit Freude, um dem Waidwerk [Wir sollten eine Unterschriftenaktion starten zur Wiedereinführung bestimmter Worte. "Waidwerk"... Klingt im Vergliech zu "Jagd" irgendwie so Cosmopolitan...] nachzugehen und Erholung von den anstrengenden Regierungsgeschäften zu suchen. Die weit und eben sich hinziehenden Felder, durchsetzt mit Hecken und kleinen Waldstöckchen, und das Sumpfgelände des Bubenheimer Bachs bieten ideale Möglichkeiten zur Hasen-, Hühner- und Fasanenjagd. Graf Schönborn liebt dieses Land. Seine Liebe zu diesem Ort wird zum Entschluß, im Sommer dem Treiben der Residenzstadt Coblenz zu entfliehen und hier zu wohnen.

    So entsteht eine reife und prächtige Schöpfung barocker Baukunst. Balthasar Neumann baut dem Kurfürsten ein Lustschloß [Neumanns letzter großer Schloßbau, was den Verlust nicht unbedingt erträglicher macht...], das in seiner wundervollen Linienführung, dem Verhältnis der Maße zueinander, eingebettet in die Unberührtheit der ländlichen Umgebung, ein Bild vollendeter Harmonie bietet. Der aus rotem Sandstein geformte Mittelbau steht in wirkungsvollem Kontrast zu der gelben Fassade der Flügel [Also, das hätte ich wirklich gerne gesehen]. Neumanns Schüler Seiz entwirft die Innendekoration und die Bildhauer Ferdinand Tietz und Johann Güntermann wetteifern in der Schaffung des reichen Innen- und Außenschmuckes [Das hätte ich noch lieber gesehen!]. Nach Nordwesten umschirmt ein Wäldchen den Schloßbau. Ein gepflegter Rokokopark mit Wasserkünsten lädt zum Verweilen, Beschauen und Staunen ein. Die Orangerie und eine Gartenterrasse runden das Bild ab [** seufz ** (amliebstengesehenhätt)].

    Im Jahre 1752 zieht Graf Schönborn ein. Dem mit einem Aufwand von 100.000 Talern errichteten Schloß gibt er in freudigem Stolz den Namen "Schönbornslust" [Ich seh ihn richtig vor mir, vor dem Mittelbau stehend, mit der ans Herz gelegten Rechten, der ausgestreckten Linken, schief gelegtem Haupt, leicht versetzt stehenden Füßen und rausgestrecktem Bauch: "Dein Name sei 'Schönbornslust'!"].

    Dem Kurfürsten ist es nur vier Jahre vergönnt, den Sommer hier zu verbringen. Nach seinem Tod folgen Johann Philipp von Walderdorff und 1768 Clemens Wenzeslaus auf den Sitz des geistlichen und weltlichen Herrschers Kurtriers. Er wird der letzte sein.

    Im Jahre 1789 bricht in Frankreich die Revolution aus. Die führende Adelsschicht, verhaßt und verfolgt, wird zum Freiwild des Pöbels. Die Unschuldigen trifft es mit den Schuldigen. Was dem rasenden Volk entgeht, flüchtet in die friedlichen Gebiete der Nachbarstaaten [Da war aber jemand gar nicht gut auf den Mob zu sprechen...]. Clemens Wenzeslaus, der Oheim Ludwig XVI, nimmt die Brüder des Königs, den Comte de Provence und den Comte Artois, auf, die mit anderen Emigranten, darunter Minister und Marschälle, und einem Tross von Dienern, Köchen, Jägern und Frauen gepäckbeladen in kostbaren Karossen eintreffen. Der Kurfürst weist ihnen Schönbornslust als Wohnsitz an.

    Solchen Glanz hat das Schloß noch nicht erlebt. Man fühlt sich an den Hof von Versailles versetzt. Zwanzig Köche versorgen die Gesellschaft mit den raffiniertesten Gerichten französischer Küche. Das Geräusch zechender Gesellschaften und das Lachen eleganter Frauen dringen über Schloß und Park hinaus [Hier sollte man fairerweise einfügen, daß die Emigranten nicht nur ihren titelseitentauglichen Lebensstil sondern zum Teil auch ihre Hochnäsigkeit mitbrachten, was nur bedingt gut rüberkam].

    Im Juli 1792 - die französischen Emigranten haben Schönbornslust bereits verlassen - trifft König Friedrich Wilhelm II. von Preußen ein, um einige Tage hier zu wohnen. Kurze Zeit darauf - das Schloß ist zum Lazarett geworden - hallt in den ausgedehnten Räumen dann das Stöhnen und Klagen verwundeter österreichischer Soldaten wider, ehe sich das Schicksal des Schlosses erfüllt.

    Die französische Revolutionsarmee, nach ihrem Sieg bei Fleurus zum Rhein vorgedrungen, greift Coblenz an. Von Weißenthurm kommend, erreichen die Truppen nach Vorhutgefechten am Bubenheimer Berg den Südteil des Coblenz-Neuwieder-Beckens. Schönbornlust liegt einsam und schutzlos. Kein Schuß hemmt die stürmenden Soldaten, die durch den Park in das Schloß eindringen [Auch das sehe ich vor meinem inneren Auge wie eine Mischung aus Abel-Gance-Stummfilszenen und Cruikshank-Katikaturen].

    Was die verrohten Revolutionstruppen nicht mitnehmen, was der Zerschlagung und Demolierung entgeht, verbrennt in den lodernden Flammen des stolzen Schloßbaues [Pfui! Nein: Oberpfui!]. Im Taumel der Zerstörungssucht werden selbst der Ehrenhof mit wertvollen Plastiken, die Orangerie und die Wasserkünste des Parks ein Opfer des siegreichen Heeres [Total unsportlich. Was können die denn für irgendwas?].

    Die Ruinen sind Eigentum des französischen Staates geworden. Nachdem die Bewohner der umliegenden Dörfer sich des noch Brauchbaren bemächtigt haben, wird der Rest abgerissen und eingeebnet. Nur die Stallgebäude stehen zusammenhanglos und ihres Konnexes mit der Umwelt beraubt verlassen in der Nähe des Parks. Am 15. Missiodor XIII [4. Juli 1800] verpachtet der napoleonische Staat die Domäne, bestehend aus den umgebauten Wirtschaftsgebäuden, Gutsbesitz und Garten, an Johann Peter Mänzel, der die Hälfte des Gutes im Jahre 1806 für 43 500 Franken als Eigentum erwirbt. Die andere Hälfte übernimmt Notar Laymann aus Ehrenbreitstein. Später gehen die Grundstücke und Gebäude dann an den Orden der Schwestern vom Guten Hirten über.
Da das Schloß nur so kurze Zeit stand, gibt es leider so gut wie kein Bildmaterial. Ich habe irgendwo im Stift in einem Buch einen Stich, auf dem man das Schloß in die Landschaft eingebettet sieht. Muß schon ein Zuckerl gewesen sein...

Immerhin konnte ich ein Bild des heute - wie gesagt - ebenfalls verschwundenen Klosters "Maria Trost" der Schwestern vom Guten Hirten finden:



Und weil ein Schönborn-Posting so ganz ohne barockes Augenfutter natürlich nicht geht, zeige ich Euch wenigstens noch den Auferstehungsaltar aus dem Trierer Dom. Der ist nämlich gleichzeitig auch der Grabaltar des Franz Georg von Schönborn, der mit Mitra und Stab schön hingegossen zu Füßen des Auferstandenen sitzt oder liegt oder so:

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