Sunday, January 31, 2010

Klassisch!

Langzeit-Leser werden sich vielleicht daran erinnern, daß ich vor dreieinhalb Jahren einst Dana Gioia's Artikel Warner Brother's fette Männer würdigte.

Der Artikel war mir deswegen ein paar Zeilen wert, weil einer von Gioia's Lieblings-Giganten offenbar Eugene Pallette war. Und den finde ich auch immer wieder zum Schreien.

Ich erwähte damals auch Pallette's beeindruckende Stimme, die von amerikanischen Fans gerne mit der eines ausgewachsenen Ochenfroschs verglichen wird. Jetzt weiß ich allerdings nicht, wie so ein Ochsenfrosch klingt. Egal: Gestern abend sah ich auf Youtube zur Entspannung zum wer-weiß-wievielten Mal den Screwball-Klassiker "My Man Godfrey". Youtube ist ja dann so nett und schlägt in der Sidebar immer ähnliche Filme vor. Und da fand ich die Perle, die ich Euch jetzt vorstelle. Es ist - Ihr habt's schon erraten - eine kurze Szene mit Eugene Pallette, sogar in Farbe. Ihr seht (und hört!) Pallette hier in einem seiner letzten Filme, "Heaven can wait" aus dem Jahr 1943. Zwar starb Pallette erst 1956, aber er zog sich bereits nach dem Zweiten Weltkrieg auf seinen Landsitz zurück und bunkerte sich dort mit Abertausenden von Konserven ein, weil er davon überzeugt war, daß die Commies bald die USA übernähmen. Die Paranoia ist irgendwie ein wenig traurig, aber andererseits sehe ich in dieser Flucht auch in meiner Phantasie so etwas wie eine Rolle, die ihm auf den Leib geschrieben war. Sei's drum.

Der Clip ist zum Brüllen komisch. Pallette spielt hier die Rolle, in welcher Filmemacher und Publikum ihn immer wieder gerne sahen: Den kampflustigen Multimillionär, der entweder von einem faulen, nichtsnutzigen Sohn oder von einer ausgeflippten, partywütigen Tochter oder von einer zickigen, abgehobenen Gattin oder von auf sein Geld schielenden Schmeichlern - vorzugsweise aber von allen gemeinsam - an den Rand des Wahnsinns getrieben wird. Pallette kommt hier zwar etwas einfältiger rüber als sonst, wenn er diese Rolle verkörpert, dafür ist seine Sorge um den im Faß gefangenen Captain von der Witzeseite, von dem er doch nun endlich wissen will, ob ihm die Flucht gelang, zu schön. Heimlicher Star ist Clarence Muse, der als zwischen Dame des Hauses und Herrn des Hauses hin- und hereilender Butler zu vermitteln sucht, ohne, daß es ihn den Job kostet. Herrlich!


Eugene Pallette schließt die Szene dann auch mit einem Satz, den er genausogut in zig anderen Filmen verzweifelt hätte ausrufen können: "I cant live in this house any longer!"

4 comments:

erna said...

Lk 17,2 "Besser wäre es für ihn...."

Könntest Du erklären, in welchem Zusammenhang das rechtsseitig in Deinen Blog zu sehen ist?

Der Herr Alipius said...

Klar: Hier ist ein älterer Beitrag, der Dich darüber aufklärt. Kurz zusammengefaßt: Das Bild ist ein Logo für eine kirchliche Jugendkommission aus dem Jahre 1973, und irgendein Witzbold meinte, es sei ja so super unpassend (hö-hö-hö). Da wollte ich dieses - meiner Meinung nach harmlose und nur bei entsprechend versauter Phantasie anstößige - Bild "retten" und habe es für einen Aufruf gegen Kindesmißbrauch durch Priester benutzt.

erna said...

Danke für die Aufklärung.
Aber wie ist dann das mit dem "Anlaß zur Sünde" gemeint?

Der Herr Alipius said...

Ein Skandal (von gr. skandalon = Das Stellholz an einer Falle, welches bei Berührung die Falle zuschnappen läßt) ist im biblischen Verständnis ein Stein des Anstoßes, der einen Menschen in die Sünde stoplern läßt.

Beim Kindesmißbrauch durch einen Priester oder irgendeinen anderen Menschen ist natürlich der zu beschuldigende Sünder der Täter. Aber durch seine schreckliche Tat kann er das Opfer in eine solche Verwirrung stürzen, daß es aufgrund dieser Verwirrung selbst später Sünden begeht, welches es ohne den Mißbrauch nicht begangen hätte. Somit wird der Mißbrauch nicht nur zur Sünde, die den Täter belastet, sondern auch zum Skandal für das Opfer, zum Stein des Anstoßes, der später weitere Sünden zur Folge haben kann.